In einem Artikel der American Translators Association vom Juli 2013 wird darauf verwiesen, dass technische Handbücher in einem objektiven Ton geschrieben werden sollten, ohne dabei die Meinung des Autors abzubilden. So heißt es im Artikel: „Wenn ein technischer Text sachgemäß verfasst wird, enthält er keinerlei Verweis auf den Autor oder dessen Subjektivität … Er muss weder unterhaltsam, noch schön oder inspirierend sein … Texte dieser Art sind so zu verfassen, dass sie genau einer Anforderung gerecht werden: der Effizienz“ (ATAnet.org, Juli 2013).
Auch für die heutige Zeit gilt, dass Effizienz bei der Übertragung technischer Inhalte wichtiger denn je ist. Die Industrie befindet sich an der Schwelle der vierten industriellen Revolution – oder Industrie 4.0, wie es die deutsche Regierung in ihrer Hightech-Strategie 2020 erstmals nennt. Mit der Weiterentwicklung des Internets entsteht durch die zunehmende Verflechtung der realen Welt und der virtuellen Welt das „Internet der Dinge“. Zu den wesentlichen Merkmalen dieser Industrieproduktion gehören die flexibilisierte Massenproudktion und die Zusammenführung von Produkten und Dienstleistungen zu hybriden Produkten (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2014).
Allerdings ist die technische Dokumentation bei dieser Entwicklung etwas zurückgefallen. Im Gegensatz zu Industrie 4.0 und intelligenten Fabriken – wo die rasche Entwicklung neuer Technologien mit der Nutzererfahrung innovativer Produkte einhergeht – hat sich im Bereich der technischen Inhalte wenig geändert, sodass diese überholt und wirkungslos werden. Inzwischen werden neue Methoden der inhaltlichen Aufbereitung und Verteilung entwickelt und umgesetzt, um den Marktbedürfnissen gerecht zu werden und die Effizienz der angebotenen Produkte und Dienstleistungen zu verbessern.
Gezielter Zugriff in einem „Everything as a Service“-System
Eine wesentliche Änderung, die Industrie 4.0 mit sich bringt, ist der Wandel von Produkten zu Dienstleistungen. Produkte und Dienstleistungen werden von Unternehmen nun auch zunehmend als Abonnement-Dienst angeboten, Beispiele dafür sind Saas (Software as a Service) oder Flugzeugtriebwerke (Power-by-the-Hour). Damit soll insbesondere die Einsatzzeit von Servicetechnikern reduziert werden, was zum Teil über die Zeitverkürzung für das Auffinden der richtigen Informationen für eine bestimmte Aufgabe ermöglicht wird (hs-karlsruhe.de, September 2017). Um gezielt auf wichtige Inhalte zugreifen zu können, müssen die Informationen auf andere Art und Weise bereitgestellt werden. Die Wertsteigerung lässt neue Geschäftsmodelle entstehen, wie IaaS (Information as a Service). Hierbei zahlen die Kunden für den Erhalt zusätzlicher Inhalte oder höherwertiger Metadaten (timesofcloud.com, 1. Januar 2018).
Intelligente Fabriken, dumme Dokumentation
Eine weitere Neuentwicklung ist die intelligente Fertigungslinie. Dieses Zukunftsmodell der Fertigung ohne Fließband stützt sich auf halbautonome Bauteile, die anhand standardisierter Protokolle miteinander kommunizieren. Soll ein Bauteil geändert oder hinzugefügt werden, kann sich die gesamte Fertigungslinie automatisch auf die neuen Gegebenheiten einstellen (psi.de, 1. Juni 2018). Während diese fortschrittliche Kommunikation von Maschine zu Maschine bereits existiert, sind die digitalen Handbücher für diese Komponenten statisch und unflexibel – und das, obwohl sie sich aufgrund der unkomplizierten Begriffe und der einfach Sprache sowie durch die hohe Aktualisierungsfrequenz bestens für die automatische Erstellung von Inhalten eignen würden.
Intelligente Informationen
In den letzten Jahren geht es im Bereich der technischen Dokumentation immer häufiger um „intelligente Informationen“. Als Lösungsansatz für die dynamische Bereitstellung von Inhalten beschreibt dieser Begriff modulares Material, das in abgeschlossene Themenbereiche aufgeteilt und mit klassifizierenden Metadaten angereichert wird (tekom.de, 2017). So wird der präzise Zugang zu Informationen möglich und erleichtert die Integration in datengesteuerte Prozesse – wie eine vorausschauende Wartung, die den jeweils notwendigen Servicevorgang veranlasst und diesen nach Maschinenart, betroffenem Bauteil und Zielgruppe filtert (hs-karlsruhe.de, September 2017).
Ein Übersetzungsspeicher, in den die Lokalisierung von Inhalten und Übersetzungslösungen im Rahmen eines Content-Management-Workflows integriert werden, kann bei der Erstellung und Feinjustierung verschiedener Sprachversionen eines Artikels hilfreich sein. Auch die neuronale Maschinenübersetzung – eine Revolution der Fähigkeit der Computer, natürliche Sprache zu verstehen und wiederzugeben, besonders mit der Anwendung tiefer neuronaler Netzwerke wie Google Voice Search, WaveNet, und jetzt Google Duplex (ai.googleblog.com, 8. Mai 2018) – hat einen großen Einfluss auf die Bereitstellung mehrsprachiger technischer Multimedia-Inhalte. Ein verlässlicher Sprachdienstleister wäre für diesen Fall der geeignete Partner, um das Unternehmen gemäß der bewährten Praxis im jeweiligen Themenbereich zu beraten und zu unterstützen, da er über das Know-how und die Erfahrung verfügt, hochwertige Lokalisierung in unterschiedlichen Formaten anzubieten.
Paradigmenwechsel, Standardisiertes Vokabular
Da Druckformate zunehmend verschwinden und in die digitale Welt überführt werden, bedarf es einer neuen Art der Kontexterstellung. Der Standard iiRDS (intelligent information Request and Delivery Standard) wurde 2016 entwickelt, um ein standardisiertes Vokabular für die technische Dokumentation zu erstellen. Auf der Grundlage von Metadaten kann es den Kontext zwischen Einzelthemen herstellen oder aus unterschiedlichen Optionen ein passendes Thema auswählen. In der Praxis bedeutet die Anfrage und Bereitstellung intelligenter Informationen zwischen einzelnen, unabhängigen Unternehmen, dass z. B. ein Servicetechniker genaue Anweisungen zur Vorgehensweise im Fall einer Fehlfunktion erhalten könnte.
Weniger ist mehr und Altinhalte
Um gute Ergebnisse zu erzielen, sind für den präzisen Informationszugang unterschiedliche Datenpunkte notwendig. Durch zunehmende inhaltliche Komponenten und zugehörige Metadaten stellt die Datenqualität eine neue Herausforderung für technische Redakteure dar. Dafür wird es wichtig sein, Duplikate einer stets wachsenden Inhaltsdatenbank auszusortieren sowie Metadaten in einem Prozess beständiger Verbesserungen zu konsolidieren. Da eine manuelle Qualitätskontrolle aufgrund der Informationsmenge nahezu unmöglich ist, sollten Software-Tools für die Analyse und die Meldung der Datenqualität eingesetzt werden, um Texte mit ähnlichen Inhalten und falsche Metadaten-Einträge aufzuspüren (tekom.de, 2017).
Während neue technische Inhalte unter Berücksichtigung der Metadaten erstellt und für die kontextualisierte Bereitstellung vorbereitet werden, könnten nützliche Altinhalte aufgrund des veralteten Formats vom Industrie 4.0-System übersehen werden. Allerdings sind Unternehmen, die weder Zeit noch Arbeitskräfte für die Umwandlung der derzeitigen Handbücher in intelligente Informationsquellen investieren wollen, auf neue Inhalte beschränkt – und die Unterschiede der Informationsqualität und der Zugangsmethoden können sich nachteilig auf die Nutzererfahrung auswirken (ceur-ws.org, September 2016). Die Lösung könnte in der künstlichen Intelligenz liegen, denn schon jetzt können Ansätze des maschinellen Lernens verwendet werden, um Altdaten für Portale zur Bereitstellung von Inhalten aufzubereiten. Im Zusammenspiel mit einer menschlichen Qualitätskontrolle wäre es somit möglich, eine große Anzahl von Dokumenten halbautomatisch zu verarbeiten und dabei ältere Inhalte ebenso abzurufen und zu filtern wie neue Inhalte.
Schöne neue Welt
Trotz jüngster Innovationen müssen diese Methoden fortschrittlicher technischer Entwicklung und Bereitstellung in den einzelnen Planungs- und Veröffentlichungsphasen erst in großem Maße umgesetzt werden. Um die verfügbaren Produkte und Dienstleistungen besser zu finden und anzubieten, müssen die technischen Inhalte der Zukunft so strukturiert werden, dass sie in Prozesse integriert werden können, die durch eine stetig wachsende Fülle an Daten in intelligenten Fabriken angetrieben werden. Künstliche Intelligenz und tiefes Lernen zur Verbesserung des Content-Managements müssen zur Bereitstellung von Informationen in Erwägung gezogen werden – für jeden, überall und in jeder Sprache. Mit der Weiterentwicklung von Industrie 4.0 und den damit einhergehenden notwendigen Änderungen im Bereich der Erstellung und Veröffentlichung technischer Dokumentation, gehen die bevorstehenden Herausforderungen für technische Redakteure weit über den neutralen Ton hinaus.
Mit diesem Paradigmenwechsel – weg von dokumentbasierten Produkthandbüchern hin zu serviceorientierter Inhaltsaufbereitung – müssen technische Redakteure methodische Konzepte wie Modularisierung und Metadaten-Modelle anwenden und sich im Bereich der entsprechenden Apps, Software und Lernprogramme gut auskennen. Als Experten im Bereich der metadatengestützten Erstellung von Inhalten werden sie von Redakteuren zu „Wissensmanagern“, die an der Schnittstelle von Produktion und IT arbeiten, um dynamische Inhalte bereitzustellen, die über den derzeitigen Dokumentenrahmen hinausgehen (tcworld.info, März 2018).
Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie Sie die technischen Inhalte so innovativ und effektiv wie möglich lokalisieren können, kontaktieren Sie uns.
Whitepaper Intelligente MÜ

Alle Vorteile der künstlichen Intelligenz für Ihr Unternehmen
Jetzt lesen!